Das Oswaldkirchlein unter dem Ifinger

Das Oswaldkirchlein unter dem Ifinger

Zwischen den Gipfeln des Ifingers und Plattingers, am Fuße der Oswaldscharte steht auf 1.185 m ü.d.M. auf einer kleinen ebenen Almfläche eine unscheinbare Kirche mit einem kleinen Turm. Das Bauwerk, an dem interessanterweise kein Wanderweg direkt vorbei- oder hinführt, erlebt dennoch einmal im Jahr großen Andrang. Jedes Jahr am 5. August pilgern die Bewohner:innen der Gemeinden Hafling und Schenna nach Meran 2000, um den Heiligen Oswald um Schutz vor Unwettern zu bitten.

St. Oswald am Ifinger wurde 1447 erstmals urkundlich erwähnt, als die Haflinger Bauern beim Richter von Tisens um Auskunft baten, ob die Maiser ihr Weiderecht an eben diesem Ort nicht zu großzügig auslegten. Es gab wohl bereits öfters Unstimmigkeiten zwischen den Haflinger und Maiser Bauern bezüglich des Weiderechts. 1641 gelobten neun Haflinger Bauern im Pfarrhof in Mais, der damals zuständigen Pfarre für Hafling, ein Kirchlein zu Ehren des Hl. Oswald (in Hafling „Oaswold“) errichten zu lassen und jedes Jahr am 5. August eine Prozession dorthin zu unternehmen. Mindestens ein Mitglied jeder Familie musste an der Prozession teilnehmen, ansonsten war man zur Strafe verpflichtet, ein Pfund Wachskerzen an die Kirche zu entrichten. Bis ins 20. Jahrhundert gab es einen weiteren Bittgang zu Beginn des Sommers, sobald St. Oswald schneefrei war. Das Datum war von Jahr zu Jahr unterschiedlich und wurde je nach Schneelage für Ende Mai oder im Juni festgelegt. 1879 wurde das Kirchlein nach einem Blitzschlag an einer tieferen Stelle am heutigen Standort neu errichtet. 1983 wurde es mit Beschluss der Südtiroler Landesregierung unter Denkmalschutz gestellt.
 


Kirchtag in St. Oswald
Der Heilige Oswald wurde und wird als Schutzpatron vor Unwettern verehrt. Wenn die bäuerliche Bevölkerung der Verehrung nicht nachkam, wurde sie – so war die landläufige Meinung – mit Hagel und Regen und somit mit der Vernichtung der Ernte bestraft, was praktisch in einer Hungersnot enden musste. Also taten sie alles, um den mächtigen Wetterheiligen milde zu stimmen. Der Brauch des Bittgangs am 5. August zum Oswaldskirchlein in Meran 2000 in Hafling wird bis heute beibehalten – und mit einem Kirchtag inklusive Musik und Unterhaltung gefeiert. Der Bittgang beginnt heutzutage beim Piffinger Köpfl; früher musste man den ganzen Weg von Hafling bzw. Schenna zu Fuß bewältigen. Da der Sinichbach seit jeher das Dorf Hafling in zwei Teile teilte, gab es verschiedene Zubringerwege für die Enderbacher und die Hiëgerbacher. An einem bestimmten Treffpunkt, dem Nusser Eck, wartete man auf die jeweils später eintreffende Gruppe und bewältigte das letzte Stück gemeinsam.
 
Das Tanzen nimmt uns keiner!
Zeitzeuge Luis Reiterer, Sulfner, weiß zu berichten, dass in früheren Zeiten dem Pfarrer Tanz und Unterhaltung anlässlich des Bittgangs ein Dorn im Auge waren und hat kurzerhand den Frauen die Teilnahme am Bittgang fortan verboten. Natürlich hielten sie sich brav an die Anweisung, doch anstatt im Dorf zu bleiben, warteten die tanzfreudigen Damen bei den Almhütten auf die Männer, um dort den Kirchtag wie in all den Jahren zuvor ausgelassen zu feiern. Das fröhliche Treiben lockte seit jeher auch Bauern und Knechte aus dem benachbarten Sarntal auf die Almen diesseits des Kammes. Nicht selten endeten diverse Rivalitäten in Handgreiflichkeiten, die von den Ordnungskräften geschlichtet werden mussten.
 
Die Sage vom Heiligen Oswald
„In uralter Zeit, wo der Holzwuchs noch weiter hinaufging, war die Stelle der Kirche dicht von Alpenrosenstauden bewachsen. Im Gesträuch fanden Hirten ein Bild des Heiligen Oswald. Sie trugen ins Dorf Schenna hinunter und stellten es in der dortigen Kirche auf. Doch kaum war die Nacht angebrochen und es herrschte ringsum Dunkel, stieg der Heilige Oswald lichtstrahlend aus der geschlossenen Kirche empor und ritt dem Ifinger zu, wo man ihn am folgenden Tag unter den Alpenrosen fand. Man brachte ihn noch öfters nach Schenna, aber jedes Mal ritt er, sobald es dunkel wurde, strahlend auf und davon, denn er wollte nur beim Jungbrunnen am Ifinger wohnen. Weil St. Oswald unter Alpenrosen gefunden wurde, heißen sie heutzutage noch bei Hafling Oswaldstauden. Der Heilige soll daran großes Wohlgefallen haben.“
aus Iganz Zingerle (Hg.): Sagen aus Tirol, Innsbruck 1891

Wer war eigentlich dieser Oswald?
Oswald (604 – 05.08.642) war der erste christliche König von Northumbrien, dem nördlichsten der sieben angelsächsischen Königreiche. Er widmete sich ganz der Christianisierung seiner Heimat auf der Insel. Er galt als besonders mildtätig und gründete 635 das berühmte Benediktinerkloster Lindisfarne auf Holy Island, das bald zum Mittelpunkt der christlichen Missionstätigkeit in England wurde. Oswald fiel im Kampf gegen den heidnischen König von Mercia in der Schlacht auf dem Maserfelth. Da er im Kampf gegen das letzte heidnische Reich der Angelsachsen starb, galt er als Märtyrer und wurde als Heiliger verehrt. Oswald ist Patron der Könige von England, von Stadt und Kanton Zug (Schweiz), der Ritter, der Kreuzfahrer und der Schnitter sowie Schutzheiliger gegen die Pest und gegen schlechte Witterung.
 
Die Darstellung des Hl. Oswald

Der Hl. Oswald wird stets mit königlichen Gewändern dargestellt, den Insignien eines Königs, über ihm eine Taube, Sonne auf der Brust, sehr oft mit einem Raben oder einem goldenen Hirsch. Die Legende besagt, dass bei seiner Krönung das Chrisamöl fehlte. Ein Rabe brachte das Öl in einem kostbaren Gefäß mit versiegeltem Brief, Petrus sende es und habe es selbst geweiht. Ein anderer Rabe trug einen Ring herbei. Dieser Rabe vermittelte auch Brief- und Ringtausch mit der Königstochter, die Oswald nach schwerem Kampf mit ihrem heidnischen Vater heimführen und heiraten konnte.
 
Wie kam der Oswaldkult nach Tirol?
Durch die sogenannten „Schottenmönche“, die ihre Pilgerreise nach Rom in Regensburg vorzeitig beendeten, um dort ein Kloster zu gründen, verbreitete sich die Verehrung des angelsächsischen Königs auch auf dem Kontinent, insbesondere in den Alpenländern. Die eigentlich aus Irland stammenden Mönche wurden Schotten genannt, da die Bezeichnung „Scoti“ ein allgemeiner Begriff für die gesamte gälisch sprechende Bevölkerung war. Ihr Kloster St. Jakob in Regensburg wurde zu einer einflussreichen Bildungsstätte für Adelige, die ihrerseits wiederum zur Verbreitung der „neuen“ Heiligen wie Oswald beitrugen. Der Hl. Oswald wird in bestimmten Regionen zu den 14 Nothelfern gezählt und gehört neben den Heiligen Gregor, Medardus und den Apostelfürsten Peter und Paul zu den Wetterheiligen.

Lostagsregel:
„Der Oswaldtag muss trocken sein, sonst werden teuer Korn und Wein.“

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Tourismusverein Hafling-Vöran-Meran 2000 | 03.08.2023
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