Der Hüter des Wassers
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Der Hüter des Wassers

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Mit dem Waaler durchs Jahr

Flimmernde Sommerhitze legt sich über Apfelgärten und Weinberge. Während dem nach Süden geöffneten Passeiertal warme Luft vom Mittelmeer entgegenströmt, schützen die Alpen vorm Nordwind. Aufgrund dieses Wetterphänomens kämpfen die Bauern im mediterranen Schenna seit je mit rissiger Erde und vertrockneten Früchten. Für eine effektive Bewässerung legten sie Anfang des 13. Jahrhunderts erstmals die in Südtirol als Waale bekannten Kanäle an. Damit das Wasser auch dort ankommt, wo es hin soll, wacht ein Waaler über das ausgeklügelte System – in Schenna Heinrich Pircher. Im Interview verrät der 50-Jährige, wie man zu dem ungewöhnlichen Beruf kommt, was Wanderer am Waalweg erwartet und warum die Vespa sein wichtigstes Werkzeug ist

Früher wurde der Waaler jeweils am ersten Fastensonntag von der Gemeinde mit seiner Aufgabe für ein Jahr betraut. Wie kommt man heute zu diesem Beruf?
Heinrich Pircher: Tatsächlich ist die Idee, mich zu bewerben, bei einer Wanderung entlang des Waals gereift. Am 1. April 2005 habe ich dann meine Arbeit begonnen.

Was gefällt Ihnen an dem außergewöhnlichen Job?
Der Beruf des Waalers ist fast ausgestorben, was ich sehr schade finde. Denn ich für meinen Teil bin sehr gern und sehr viel in der freien Natur unterwegs, das entspannt mich. Obendrein begegne ich Gästen und Einheimischen, die sich für meine Arbeit interessieren. Dabei entstehen oft nette Gespräche.

Was sind Ihre täglichen Aufgaben und Arbeitszeiten?
Ich muss den Waalweg täglich in den frühen Morgenstunden zu Fuß abgehen oder, wo möglich, mit meiner Vespa abfahren – immerhin ist die gesamte Strecke sieben Kilometer lang. Währenddessen reinige ich das Wasserbett von Laub, Steinen, Gestrüpp und leider auch von Plastikflaschen und Co.

Im Winter werden die Waale ausgelassen. Was machen Sie dann?
Der Beruf ist „nur“ ein Nebenerwerbsjob. Daher bin ich hauptberuflich auf meinem Bauernhof tätig.

Ihre Vorgänger wohnten in der so genannten Waalerhütte direkt neben dem Waal. Wo sind Sie zu Hause?
Ich habe es auch nicht weit zum Waal und wohne ganz in der Nähe, allerdings auf meinem Bauernhof im Schenner Ortsteil Oberverdins.

Spüren Sie die Auswirkungen der Klimakrise? Wenn ja, wie zeigen sich die Folgen?
Tatsächlich ist auch Schenna immer häufiger von extremen Wetterverhältnissen wie Trockenheit oder langen Regenperioden betroffen. Bei heftigen Gewittern muss ich den Waal mehrmals am Tag kontrollieren.

Immer schon nachhaltig – jahrhundertealte Technik
Das Wort Waal leitet sich vom lateinischen Wort aqualis für Bach ab. Als nie versiegende Quelle für das künstlich angelegte Bewässerungssystem dienen die umliegenden Berge. Von ihnen „kehrt“ der Waaler die Schneeschmelze in die Kanäle im Tal ein. So können die örtlichen Obst- und Weinbauern das wertvolle Nass etwa bis November landwirtschaftlich nutzen. Seit nunmehr 19 Jahren hält Heinrich Pircher den Schenner Waal instand und befreit ihn von Blättern, Steinen und Müll. Denn mittlerweile sind die Waalwege, die vor allem seine Arbeit erleichtern sollen, auch beliebte Wanderrouten – kein Wunder: Vom Frühling bis zum Spätherbst plätschert neben den vorwiegend flachen Strecken das Wasser im Waal.

Entlang des Wasser-Laufs
Algund, Kuens, Riffian, Lana, Tscherms, Marling, Partschins, Rabland, Naturns. Im Meraner Land gibt es besonders viele der historischen Bewässerungskanäle. In Schenna finden sich gleich zwei Wege, der Schenner und der Maiser Waal, die im Rahmen einer Tagestour leicht machbar sind. Auch wenn die Wege kaum ansteigen und oft nur weniger als 10 Kilometer lang sind, laden am Wegesrand Gaststätten zu einer Verschnaufpause ein. Und mit etwas Glück trifft man dort sogar Waaler Heinrich mit seiner Vespa.
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