Früher war alles besser. Wie oft hört man jemanden diesen Satz sagen. Und ja, vieles war früher vielleicht besser und einfacher. Aber auch nicht alles. Wir könnten uns heute zum Beispiel ein Leben ohne Strom gar nicht mehr vorstellen. In den seltenen Fällen, in denen mal der Strom ausbleibt, fühlen wir uns hilflos.
Früher war so ein Stromausfall nichts Ungewöhnliches. Auch die Arbeit in einem Elektrizitätswerk ist mit jetzt gar nicht mehr zu vergleichen. Denn wer von uns würde heute für Strom Eis hacken? Niemand? Sowas gab es aber einmal...
In den 50er-Jahren wohnte der
Hallenwart Fischer Engelbert beim historischen
Kraftwerk Wasserfall in Partschins. Im oberen Stock vom inzwischen inaktiven Kraftwerk gab es damals eine eigene Wohnung. Dort lebte der Hallenwart mit seiner Familie. So war er
24 Stunden vor Ort und konnte bei Unwettern rasch einschreiten.
Engelbert führte als Verantwortlicher das
Betriebsregister des Kraftwerks. Im Register dokumentierte er alles. Schäden an der Anlage, Kurzschlüsse, Ungewitter, Dauer der Stromunterbrechungen, wenn etwas ausgetauscht werden musste – jedes Vorkommnis musste sauber und ordentlich von ihm niedergeschrieben werden.
Der Hallenwart war neben seiner Arbeit im Kraftwerk auch als
Wegearbeiter der Gemeinde Partschins tätig. Während er an den vielen Wegen rund um den Partschinser Wasserfall arbeitete, kümmerten sich Aushilfen um das Kraftwerk. Am Feierabend mussten die Aushilfen ihre Arbeitszeiten im Betriebsregister eintragen und unterschreiben. Manchmal schrieb auch Engelbert: „
Josef Klotz hat von gestern 9 Uhr bis heute 7 Uhr regelrechten Dienst gemacht. Pallaver ist angeblich krank. Ich selbst war beim Wegmachen beschäftigt.“ (21.04.1951)
Früher befand sich beim Kraftwerk sogar eine eigene kleine Seilbahn. Engelbert kümmerte sich deshalb auch um die
Wartung und Funktion der Materialseilbahn Partschins - Wasserfall. Die Talstation befand sich damals in der Nähe vom Friedhof in Partschins. Damit Engelbert wusste, ob die Seilbahn gebraucht wird, konnte man ihn von der Talstation aus mit einem Telefon anrufen. "Ring, Ring!" Sobald das Telefon an der Bergstation beim Partschinser Wasserfall klingelte, startete Engelbert die Seilbahn und stoppte sie wieder. Mit der kleinen Materialseilbahn transportierte man früher alles mögliche zum Wasserfall. Wer mutig genug war, durfte sogar mitfahren. Frischluft-Garantie inklusive!
Übrigens befand sich am Kraftwerk Wasserfall auch die Talstation der Materialseilbahn für das
Schutzhaus Nasereit. Auch für diese Seilbahn war Engelbert zuständig.
„Wegen Gewitter abgestellt.“
Verlässliche Wetterangaben waren zu dieser Zeit enorm wichtig für den Hallenwart des Kraftwerks. Denn wenn in Partschins ein
Unwetter vorhergesagt wurde, musste er die
Maschine abstellen. Nur so konnte er verhindern, dass ein Blitz einschlagen könnte.
Nicht selten wurde Engelbert nachts von Donner und starken Blitzen aus dem Schlaf gerissen. Seine wichtigste Aufgabe war es nun die Maschine so schnell wie möglich abzustellen. Im Betriebsregister dokumentierte er, wie lange der Strom ausblieb.
Kein Wasser – kein Strom
Das Wasser für das Kraftwerk beim Partschinser Wasserfall wurde vom Zielbach abgeleitet. Wenn im Winter kein Wasser mehr ins Kraftwerk lief, dann wusste der Hallenwart sofort, was zu tun war. Die
Schleuse beim Auffangbecken oberhalb vom
Partschinser Wasserfall war nämlich
gefroren. Der Hallenwart rief die
Bauern auf den Höfen im höhergelegenen
Tabland an. Jemand von ihnen musste jetzt mit einer
Spitzhacke zum Auffangbecken, um das
Eis zu entfernen. Und das bei eisigen Temperaturen.
Tipp: Am Ende des
Wanderweges Alpinsteig Partschinser Wasserfall sieht man noch heute das Auffangbecken. Von dort führte ein Rohr zum Kraftwerk hinunter. Entlang des Weges kann man die historische Rohrleitung verfolgen.
Ein unhöflicher Anruf…
Im Register schrieb Engelbert einmal, dass der Strom wegen einer verstopften Wasserleitung ausgefallen ist. Schon nach 15 Minuten klingelte das Telefon. Ein Herr „brüllte leopardenähnlich ins Telefon“, wo denn heute der Strom bleibe. Auf Nachfrage, wer er sei, hieß es: „I bin dr Pforrer.“ Der Hallenwart vom Kraftwerk empfand das Telefonat des Pfarrers als sehr unhöflich. Immerhin war der Strom bis zu diesem Tag seit über einem halben Jahr (vom 04.11.1950 - 04.06.1951) nie ausgefallen. Engelbert unterstrich diesen Satz im Register des Kraftwerks sogar mit roter Farbe. Er war wohl sehr verärgert über den Anruf des Pfarrers... 😉