Von der Adria bis nach Kaliningrad Brücken zu bauen – das ist sicherlich nicht in wenigen Wochen getan. Wie haben Sie die Anfänge gestaltet, wie waren die Entwicklungsschritte?
Zwei Jahre nach meinem Besuch in Kaliningrad hat mich Lev Romanenko nach Kaliningrad eingeladen – mit dem Anliegen, dass ich einen Vortrag zu meiner Arbeit, über italienische Schmuckkunst und Schmucktechniken für die Kaliningrader Schmuckszene halte. Im Frühjahr 2007 kehrte ich für diese Vortragsreihe in verschiedenen Werkstätten eine Woche nach Kaliningrad zurück. Die Gegeneinladung war zwei Wochen Italien für zwei junge Kaliningrader Goldschmiedinnen: Zhanna Lopatkina und Olga Schorokova. Gemeinsam mit der Schmuckkünstlerin und Lehrerin Barbara Paganin vom Liceo artistico Guggenheim Venezia, der Accademia Padova und meiner Werkstatt in Naturns organisierte ich 2008 für die beiden Goldschmiedinnen aus Kaliningrad eine Lehrreise ins Veneto und nach Südtirol. Nach 2009 ergab sich eine enge und regelmäßige Zusammenarbeit mit Studenten – Reisen, Ausstellungen und Wettbewerben zwischen Schulen, Werkstätten, dem Bernstein-Museum in Kaliningrad und den Schmuck-Schulen im Veneto.
„Wenn man Kunsthandwerk wirklich lebt, ist das grenzüberschreitende Arbeiten eine logische Konsequenz“, sagen Sie. Warum?
Weil Entwicklung nur so stattfinden kann – ohne Austausch findet keine Entwicklung statt!
Tritt man damit automatisch in jahrtausendealte Traditionen, was Austausch und Weiterentwicklung angeht?
Für Weiterentwicklung eine logische und historische Konsequenz!
Haben Sie den Kontakt zu Kaliningrad aufrechterhalten können? Gab es alternative Orte, wo Kunsthandwerkerinnen und Schmuckdesigner seit 2022 zusammentreffen konnten?
Wir sind und bleiben in Verbindung und denken und planen auch schon für die Zeit danach.
Ihnen geht es auch um das gesamteuropäische Erbe, das Verbindende. Welche Möglichkeiten bieten, Ihren Erfahrungen nach, Kultur und Kunst, die anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens fehlen?
In das “gesamteuropäische kulturelle Erbe” zu investieren und daran zu arbeiten, davon steht nichts in den Statuten der Wirtschaftsunion EU. Interkulturelle Möglichkeiten öffnen sich nur, wenn man selbst daran arbeitet.
Ihr Wirken scheint, wie bei der guten Küche, seine Kraft aus den Grundzutaten zu ziehen. Erklären Sie uns, wie das für Sie funktioniert? Materialien aus der Region beschäftigen Sie ganz besonders. Und das gilt nicht nur für den Meranith?
“Gioielli del territorio” so nennen die Mailänder Schmuck-Schulen die Goldschmiedearbeiten der Posthaus-Werkstatt in Meran. Der Alpenbogen als Inspiration: alpine Botanik, Fauna, Geologie und Historie. Diese vier Säulen sind die Grundlage für unser Design in unserer Werkstatt und Grundlage für die Workshops und Vorträge an verschiedensten Schmuck-Schulen und der Meisterklasse bei der „Milano Jewellery Week”, die jedes Jahr im Oktober stattfindet.