Ein Rundgang
Die Trapps und Wolkensteins, die Khuens, die Merans und die von Mannsteins – zur Orientierung zwischen all den Schlössern und Burgen im Burggrafenamt mag der Codex Brandis wohl eine gute Landkarte sein, die Stammbäume der dazugehörigen Familien sind jedoch eine ganz andere Herausforderung. Angesichts der großen Bedeutung der Grafschaft Tirol gab (und gibt) es hier viele Adelsgeschlechter, ihre Spuren aber haben sich im Lauf der Jahrhunderte verflüchtigt – auch Grafen und Gräfinnen leben inzwischen recht alltäglich, ihr Titel hat an Wertigkeit eingebüßt und ihre Wappen sind oft nur noch in alten Fresken erkennbar. Dennoch ist der Besuch von Burgen und Schlössern weiterhin faszinierend und eine schöne Art, in die Vergangenheit einzutauchen. Ob nun ein Gespenst darin haust oder nicht, den Mauern dieser historischen Orte wohnt gewiss ein ganz besonderer Zauber inne. So manch adeliger Nachkomme bewahrt auch heute noch die Geschichte und den Geist der Vorfahr*innen, bewohnt und pflegt den Familiensitz für künftige Generationen. Das imposante
Schloss Schenna erwarb Erzherzog Johann als Stammsitz für seine Nachkommen. Betritt man die großzügigen Zimmer, fühlt man sich schnell zurückversetzt in eine Zeit, als hier die Habsburger ein- und ausgingen. Dank der originalen Einrichtung und der persönlichen Gegenstände des Erzherzogs fällt das in den hellen Zimmern mit Blick auf das umliegende Tal nicht schwer.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts von Erzherzog Sigismund von Tirol als Stadtresidenz erbaut, ist die
Landesfürstliche Burg im Zentrum von Meran nicht zu übersehen. Tritt man durch das seltsam kleine und schmale Tor, offenbart die Burg die wertvollen Zeugnisse ihrer glorreichen Vergangenheit und des komfortablen Lebens, das seine Bewohner*innen dort führten – so komfortabel wohl, dass die Burg Geburtsstätte der meisten der 50 unehelichen Kinder von Herzog Sigismunds sein soll.
Auch ein Spaziergang durch das noble Viertel von Obermais ist bei gutem Wetter ein bezauberndes Erlebnis. Neben den luxuriösen und eleganten Jugendstilvillen gibt es hier zahlreiche Schlösser, die einen Abstecher wert sind:
Schloss Knillenberg, erbaut im 17. Jahrhundert und lange Zeit Treffpunkt des Meraner Adels;
Schloss Planta mit seinen markanten Rundtürmen und den imposanten 250 Meter langen Mauern;
Schloss Winkel und sein barocker, von einer Laterne gekrönter Turm;
Schloss Rametz, in dem sich heute das Weinmuseum befindet. Zum krönenden Abschluss empfiehlt sich auf alle Fälle ein Halt beim
Schloss Trauttmansdorff – dem
Schloss unter den Schlössern, das einst Kaiserin Elisabeth von Österreich als Ferienresidenz diente. Der Besuch des dort angesiedelten
Touriseum (Landesmuseum für Tourismus) mit einigen im Original erhaltenen Zimmern von Sisi und der Spaziergang durch die farbenfrohen Gärten sind immer ein Erlebnis.
Diese Geschichte ist im Merano Magazine 2022 erschienen. Text: Anna Quinz