Durch Epochen schreiten
Über ein paar Steintreppen geht es, der alten Burgmauer entlang, in den nächsten Innenhof. Hier nehme ich erst wirklich wahr, wie sich die zahlreichen Zubauten über die Jahrhunderte trotz ihrer unterschiedlichen Stilrichtungen zu einer großen Einheit zusammengefügt haben. Durch die Waffensammlung geht es ein paar Treppen empor, vorbei an einem besonderen Lebensbaum. Alle Besitzer des Schlosses sind zusammen mit ihren Wappen der Treppenwand entlang kunstvoll verewigt. Ganz oben fängt der Baum 1216 mit Konrad von Marling an, die letzte Verästelung am Ende der Treppe trägt den Namen von Cornelis Jan van Rossem van Sinoutskerke, dem Vater der Schlossherrin.
Am Ende der Treppe betreten wir das Schloss. Die Räume sind noch vollständig eingerichtet und zeigen stilgetreu, wie man früher lebte. Durch den ersten Raum, das sogenannte Bauernzimmer, gelangt man in eine alte Stube mit einem der ersten Klappbetten aus Holz, einem Kamin und Truhen aus Gotik und Renaissance. Die alten Dielen ächzen unter den Tritten der Schlossherrin, wenn sie in das nächste Zimmer, den herrschaftlichen Spiegelsaal, führt. Der Schritt über eine einzige Türschwelle kommt in Lebenberg dem Beginn einer Zeitreise gleich. Prunkvolle Möbel, kunstvoll gemusterte Tapeten, orientalische Teppiche und große Lüster versetzen den Besucher an den Beginn der Rokoko-Zeit. Unter einer Stuckdecke geht es weiter bis zur nächsten Tür, die sich zum Rittersaal mit seinen schweren, dunklen Holzmöbeln öffnet. Aus dem Fenster blickt man von hier aus bis zur Lagorai-Gruppe. "Schwarzhorn, Weißhorn und Weißenstein sehe ich von hier", zählt die Schlossherrin auf und begleitet mich weiter in das Empirezimmer gleich nebenan. Hier ist es eindeutig wärmer. Der Raum, der im Palas liegt, ist zusammen mit anderen Räumlichkeiten von den ersten Stockwerken in den Fels gebaut. "Nur dadurch war es möglich, so hoch zu bauen. Wir haben Keller, da geht man aufwärts anstatt abwärts", erklärt die Schlossherrin.
Letzte Station ist der französische Rokoko-Garten- der akkurat gepflegt am Fuße des Schlosses liegt. Zwischen Garten und Stadel steht ein großer Maulbeerbaum. "Der ist über 200 Jahre alt", sagt Anouschka van Rossem stolz, während sie über die moosige Rinde des Baumes streicht. Abends, wenn die Sonne untergeht und man von unten aufs Schloss schaut, sei der Baum in den schönsten Farben beleuchtet. "Das sind Momente, in denen ich mein Schloss wirklich genieße", sagt sie.